2012 Bericht Alpentour (Südtirol)

 

Die erste Tour vergisst Du nie !!!

 

Vorwort

 

Als ich 2006 den Motorrad-Führerschein gemacht hatte, war klar, dass Rocco  und ich früher oder später einmal eine Alpentour machen möchten. Rocco hatte ja schon ein paar Touren gemacht und Erfahrung sammeln können.

 

In den ersten Jahren war das aber nicht möglich  – zum einen, weil die Kinder noch zu klein waren, um sie für ein paar Tage woanders unterzubringen und zum anderen, weil ich noch nicht so weit war. 2010 habe ich mir dann die BMW zugelegt und dann war´s um mich geschehen. Im Vergleich zur vorherigen Virago fährt sich die BMW ja fast von selbst und letztes Jahr war ich dann bereit, die Herausforderung Alpen anzunehmen.

 

Im Januar 2012 war es dann soweit, die Alpentour wurde geplant.

 

Klar war, dass wir um den Feiertag Fronleichnam fahren möchten, d.h. vom 07.-10.06.2012. Also Unterbringung für die Kinder geplant, Urlaub beim Arbeitgeber eingereicht und los ging´s mit der Planung.

 

Zunächst einmal die Frage, ob wir eine Basis-Station zum Übernachten möchten, oder lieber auf der Route übernachten. Schnell war klar, dass wir in Südtirol eine Basis möchten und da wir da ja schon Kontakte hatten, war am 06.01.schon in Tisens bei Meran bei der Familie Pichler eine Ferienwohnung gebucht.

 

Die Monate vergingen und Rocco hatte immer wieder an der Route gefeilt – mal waren täglich 500 km geplant, dann wieder nur 400 km;  das Navi wurde angepasst und optimiert, neue Updates geladen und wieder runtergeschmissen und so ging das über die Monate hinweg. Ich für meinen Teil konnte ja nicht viel dazu beitragen und so habe ich einfach abgewartet – Rocco macht das schon.

 

Außerdem war zu bedenken, dass wir ja auch im Regen fahren könnten, also Regenkombis angeschafft, Innentaschen für die Gepäckrolle, Ersatzhandschuhe gekauft, usw.

 

Als dann endlich das Motorrad-Wetter begann, hieß es fast jedes Wochenende fahren, fahren, üben, Sicherheit gewinnen (zumindest für mich…). Meine Prinzessin (die BMW) macht es mir aber auch wirklich leicht, das ist Fahrspaß pur.

 

Der Termin rückte also immer näher und die Vorfreude wuchs mit jedem Tag. Mit der Vorfreude aber auch ein bisschen Bammel, ob ich das auch alles schaffe, was Rocco sich da ausgedacht hat – wenn´s nach ihm gegangen wäre, hätten wir wohl jeden einzelnen Pass auf der Route mitgenommen (und das sind gefühlte Millionen!!!)

 

Dann war es endlich so weit – das letzte Wochenende vor der


Tour brach an und ich hatte schon alles gepackt. Geschwind noch Probe-Packen am Motorrad, bin bereit       (na ja…).

 

Aus Angst vor Rückenschmerzen, hab ich mich dann noch Tapen lassen, man will ja auf alles gut vorbereitet sein.

 

Am Dienstag dann hatte auch Rocco gepackt, die Mopeds wurden vollgetankt und die Reifen geprüft (geht grad noch).

 

 „Von mir aus kann es losgehen“, sagte Rocco und mein Adrenalin-Spiegel stieg in die Höhe.

 

„Ähm, na ja, ich muss morgen noch arbeiten, aber theoretisch können wir abends los, so um 17:00 Uhr?“

 

Und damit war der Samen gesät…gleich mal ins Internet schauen, ob irgendwo bei Bregenz ein Biker-Hotel ist, wo wir zwischenübernachten können – klar, kurz vor dem sowieso geplanten ersten Tankstop, sieht gut aus, passt. Buchen? Nö, spontan hinfahren, wir werden schon irgendwo unterkommen….

 

Mittwoch mittags dann aber doch die ersten Zweifel, fahren oder nicht, oder lieber noch mal richtig ausruhen und Donnerstag in aller Frühe los? Nachdem auch das zweite Kind untergebracht war, die Entscheidung – wir fahren.

 

Also los, packen, Gepäck festzurren, umziehen, Adrenalin-


Spiegel auf höchstem Niveau, aber nach den ersten Kilometern war nur noch Vorfreude auf die Tour da.

 

Wir sind also unterwegs……

 

Mittwoch, 06.06.2012 um 17:30 Uhr.

 

Um 17:33 Uhr standen wir schon im ersten Stau (kurz vor Bad Dürrheim) – nach nicht mal 1 km!!!! Na toll, das fängt ja gut an. Wer startet auch eine Tour während des Feierabend-Verkehrs….

 

Über die Autobahn bis Stockach gedüst und dann bis Lindau nur Landstraße. Einige riskante Überholmanöver (was sind die Autofahrer auch so langsam…) und schwupp waren wir schon in Österreich. Aber nicht auf normalen Straßen – nein – ich glaube Rocco hat eine Phobie vor gut ausgebauten und breiten Straßen.

 

Es ging durch Wiese und Wald, ein paar Kurven und richtig idyllisch erst mal in die Höhe. Erster Stop dann mit tollem  Blick auf den Bodensee und Bregenz und natürlich im Hintergrund die (schneebedeckten!!!) Alpen.

 

So Tanja, das war Dein erster Pass“ – Aha, ähm, ok – das war´s schon?  Es war ja auch nur ein ganz kleiner: der Rucksteig (780 m)  (ich bezweifle allerdings, dass der in irgendeiner Karte verzeichnet ist)

 


 

Also gut, die erste Etappe geschafft, ein paar Kilometer weiter sollte das Hotel sein. War dann auch schnell gefunden, aber schon von weitem kam es uns merkwürdig vor, keine Autos, kein Licht, kein Mensch – und dann die Gewissheit „HEUTE RUHETAG“ hahaha, ich lach mich schlapp.  (Nee, gelacht hab ich nicht wirklich!)

 

Bei einem Wendemanöver passiert es dann – Gegenverkehr, Fahr- bzw. Bremsfehler meinerseits und die BMW fällt um (im Schritttempo!). Der arme Kerl in dem Auto hat dann gleich gewendet und gefragt, ob alles ok ist – war es dann auch, nichts passiert, alles im grünen Bereich. Moped mit Rocco wieder auf- und abgestellt.

 

Was nun? Erst mal Navi befragen, wo das nächste Hotel ist. Beim Umschauen sahen wir gleich ein paar Meter weiter ein Hotel – also ich rein – nach Doppelzimmer gefragt – frei – ok, gekauft…

 

Beim Ausfüllen der Anmeldung fragte ich noch mal nach dem Preis – und musste erst mal schlucken. 66,– Euro pro Person, aber dafür mit Frühstück (na toll!!!) und Tiefgarage. Egal, nehmen wir trotzdem. Rocco sagte auch noch, zum Schluss übernachten wir womöglich  im Ritz – tja, da lag er nicht ganz falsch…

 

 

Wir lernten also daraus, dass man zwar nicht unbedingt reservieren muss, aber sich zumindest im Voraus erkundigen sollte, ob auf ist und evtl. was frei wäre…

 

Nach dem Duschen dann also noch ins Restaurant (total under-dressed) und mit einem tollen Ausblick auf den See bei Sonnenuntergang (das war in der Tat ein „Schönblick“) haben wir lecker (aber sehr übersichtlich) gegessen und anschließend gingen wir schlafen – wir hatten  ja am nächsten Tag noch ein bisschen was vor.

 

 

 

Donnerstag, 07.06.2012

 

Frühstück gab es erst ab 8:00 Uhr – im Normalfall kein Problem, aber Rocco war schon um 5:30 Uhr wach und somit ich auch. Um 6:00 Uhr machten wir dann einen Spaziergang, um uns die Zeit zu vertreiben, und es war KEIN Mensch weit und breit zu sehen.

 

Ich entschied dann, dass ich nicht unbedingt frühstücken muss, aber leider war die Rezeption auch nicht besetzt und im Hotel war außer den friedlich schlummernden Gästen keiner. Jetzt übernachten wir schon im Ritz und da gibt es nicht mal einen Nachtportier…weiterfahren ging ja nicht, wir mussten die Rechnung ja noch bezahlen – also irgendwie die Zeit vertreiben (wieder Packen, Gepäck festzurren) und warten.                                                                                    

 

Dann, um 7:30 Uhr  – endlich – Licht im Foyer, Geschirr-Geklapper im Frühstücksraum – Juhuuu, wir sind nicht mehr allein. Ich fragte die Dame dann, ob wir bitte schon auschecken könnten, da wir weiter müssten (oder besser gesagt unbedingt wollten). Kein Problem, sie bot uns auch noch einen Kaffee und eine „Semmel“ an, was wir dann auch gern annahmen, auf die paar Minuten kam es dann nun wirklich nicht mehr an.

 

So waren wir dann also um kurz vor acht wieder auf der Straße – Tankstopp ein paar Kilometer weiter und dann die Fahrt durch Österreich.

 

Und wieder waren es die kleinen Sträßelchen, die es Rocco angetan haben. Über den Bödele –(1140m) (ja, das ist auch ein Pass) ging es dann hinauf zum nächsten Pass. Die Straßen schmal und die paar Kehren recht eng – aber sehr schöne Umgebung und kaum Verkehr (klar, kennt ja auch kaum jemand) – ich war noch ein bisschen unsicher unterwegs aber der Fahrspaß war definitiv vorhanden. Man kam sich noch nicht wirklich vor, wie in den Alpen, viel Wald und Wiesen, schöne Täler und tolle Ausblicke. 

 

Auf dem Schnepfegg – (903 m)   dann der erste Zwischenstopp.  Drei Häuser und ein Brunnen, eine schöne Aussicht auf die umliegenden Berge und ins Tal, ein kleiner Junge, der mit seinem Vater auf den gegenüberliegenden Gipfel wandern will (aber von der anderen Seite) und der nicht wusste, wie lange der Schnee auf den Gipfeln dort hinten liegt.

 

Wieder durch kleine Dörfer, enge Straßen und dann zum ersten mal richtig Alpengefühl. Diesmal war die Straße gut ausgebaut, die Kehren beschriftet und nummeriert und dann waren wir fast auf dem Hochtannbergpass (1670m).

 

Felsen und Wiese und SCHNEE – aber nicht auf den Straßen, die


waren trocken und richtig gut. Die Aussicht ein Genuss. Der Verkehr tröpfelnd und überwiegend Motorräder unterwegs. Ja, das sind die Alpen!

 

 

Beim Zwischenstopp kurz vor dem Pass bekam ich das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht und wollte gleich weiterfahren.  Ein paar Kehren noch bis ganz hinauf und dann ging es auch schon wieder hinunter – geil !!! Im Anschluss ging es an den Flexenpass (1770m) und über den Arlberg (1790m). Einfach Spaß!!!

 

Nachdem wir dann auch die Piller Höhe (1560m)  erklommen hatten, hat uns im Tal eine Fronleichnams-Prozession mal kurz den Weg abgeschnitten – die Umleitung wollten wir nicht fahren, also sind wir auf irgendeinem Feldweg und durch ein Wohngebiet irgendwie wieder auf unsere Strecke gekommen (dank Anke, die meinte, dass man da durch kommt…).

 

Nun machten wir einen Abstecher nach Samnaun – da ist es dann noch mal richtig eng geworden (kurven- und kehrentechnisch)  und zum ersten Mal hatten wir den Duft von Kupplung und Bremse in der Nase.

 

Durch uralte Galerien und stockdunkle Tunnel war aber auch dieser Aufstieg ein Erlebnis.

 

Bei den Schweizern  kurz zollfrei eingekauft und günstig getankt, gemütlich einen Kaffee getrunken und dann wollten wir auf der anderen (nicht so stark befahrenen) Seite runter. Die Straße fing recht vielversprechend an, schön am Felsen entlang mit vielen Kurven, doch nach ein paar Kilometern – Ätsch,  Straße gesperrt – das hätten die ja auch gleich am Anfang ausschildern können, oder? 

 

Enttäuscht fuhren wir dann also auf der gleichen Strecke wieder aus Samnaun raus (durch stockdunkle Tunnel und uralte Galerien mit dem Duft von Kupplung und Bremse in der Nase) und machten uns auf den Weg nach Italien.

 

Da wir wieder auf einer viel befahrenen Strecke waren, waren wieder mal ein paar Überholmanöver angesagt, bevor wir dann endlich in Italien waren. Über ein paar großzügige Kehren hinauf auf den Reschenpass (1520m) und hinab zum Reschensee.

 

Rocco hatte mir den ersten Cappuccino am See versprochen, aber leider wurde daraus nichts, denn anstatt wie alle anderen links am See vorbeizufahren, bogen wir rechts ab – und man staune – die Straßen wurden wieder sehr eng und schmal und außer ein paar Radfahrern und Wanderern war mal wieder kaum jemand auf diesen Straßen unterwegs – und Cappuccino gab´s da auch nicht…

 

Um den See herum kamen wir dann aber doch wieder auf die (ausgebaute und viel befahrene) Hauptstrecke Richtung Meran und so ging es durch den Vinschgau zäh dem Ende der zweiten Etappe entgegen.

 

Meinen ersten Cappuccino bekam ich dann erst 1 Stunde vor dem Ziel , aber geschmeckt hat er genauso gut. Die Straße durch den Vinschgau ist zwar schön, allerdings herrscht sehr viel Verkehr.

 

Aber es gibt (meistens)  gute (oder auch nicht so gute…) Möglichkeiten zum Überholen (mehr oder weniger riskant), so dass man (relativ) gut voran kommt (ähm, für ca 60 km 2 Stunden)

 

Kurz vor Meran noch mal eben Verwirrung (richtungs-technisch) aber um ca 16:00 Uhr sind wir gesund und ein bisschen müde (zumindest ich) und hungrig  in Tisens angekommen.

 

Dort erkannten wir alles gleich wieder und auch Claudia (die Wirtin) war überrascht, uns schon zu sehen. Überrascht war sie auch, dass ich selbst fahre und nicht beim Rocco hinten drauf – tja, bin halt schon groß, hahaha

 

Nach einer kleinen Pause, Kaffee (Instant-bäh), Dusche und einem kleinen Spaziergang gingen wir in die Pizzeria Tisene zum Abendessen. Die Bedienung dort war dann doch leicht erstaunt, dass wir einen ganzen Teller voll nur mit  Rucola und Parmesan wollten, aber sie hat sich dann doch recht schnell gefangen und das Abendessen war perfekt. Lecker Essen, lecker Vino, schön warm, tollen Tag gehabt, was will man mehr – Glückseligkeit pur.  

 

(…ok – ich geb´s zu –  hab einen wunden Hintern – aua…)

 

So ging unser zweiter Tag mit ca 320 km auf dem Motorrad zu Ende.

 

 

 

Freitag, 08.06.2012

 

Eigentlich war für heute Südtirol angesagt, aber nachdem wir mit Stefan gesprochen hatten und die Wetter-Prognose für Samstag nicht unbedingt rosig angesagt war, beschlossen wir, heute schon die Dolomiten-Tour zu fahren. Rocco kennt die Südtiroler Alpen und auf die Dolomiten hatte er sich am meisten gefreut. Und wenn das Wetter am Samstag gar nicht mitmacht und wir nicht fahren können, so haben wir dann wenigstens die „Wunsch“-Tour gemacht.    

 

Die Strecke wurde dann allerdings von 420 km auf 360 km gekürzt (ich war gar nicht böse drum…).

 

Nach einem missglückten Frühstück (ich hab absolut nichts runtergekriegt – ob das wohl die Aufregung war??? ) und Instant-Bäh-Kaffee also los um kurz vor 8:00 Uhr. 

 

Durch Dörfer im Tal zur nächsten Tankstelle (der Liter über €1,80!!!) und dann auf der Nebenstrecke Richtung Bozen. Durch Bozen Stop & Go, bis wir dann einen Blick auf die Gipfel der Dolomiten erhaschen konnten.

 

Die Vorfreude wuchs und so passierten wir dann auch recht schnell den Nigerpass (1690m und 20 % Steigung!!!). Die Kehren eng  (meistens nur im 1. oder 2. Gang zu fahren). Die Straßen schön schmal, links Felsen-rechts gleich der Abgrund (natürlich alles ohne Leitplanke, nur ein kleines Mäuerchen) und dann am Karer See vorbei auf den Karerpass (1740m).

 

Noch schnell den Pardoi (2240m) mitgenommen und unterwegs kamen uns geschätzte 30 Porsches recht flott  entgegen. Die lagen wie Bretter auf der Straße und das muss auch für die ein Fahrspaß gewesen sein, denn eine längere Gerade gab es auf der ganzen Strecke kaum.

 

Dann mein persönlicher Favorit an diesem Tag – der Passo Giau (2236m).

 

Zu eben diesem führen 29 feine (oder einfach geile) Kehren hoch. Genial. Und wenn dann auch noch ein Camper im Schritttempo vor Dir fährt und Du diesen in der Linkskehre überholen musst, dann ist das Spaß pur!!! Kurz vor dem Pass wollten wir dann noch mal eine Pause einlegen, aber dann kam schon wieder der Camper (im Schneckentempo-  drinnen 2 Rentner über 80 mit angespannten Gesichtern – er verschwitzt vom fahren und sie ganz blass vor Angst, hahaha) an uns vorbei und wir sind schnell wieder auf die Mopeds drauf und dasselbe Spiel noch mal – das war einfach super!!!

 

Oben angekommen dann doch noch mal eine Pause – auf dem Parkplatz 5 Autos und geschätzte 100 Mopeds. Windig aber absolut genial und eine beeindruckende  Aussicht. 

 


 Kurz in die Hütte rein und einen Espresso getrunken, ein paar Fotos gemacht, eine Banane gegessen,  kilometerweit gelaufen für einen Mülleimer und weiter ging´s.

 

 

Dieser Pass ist mir am meisten in Erinnerung geblieben – warum auch immer – einfach GEIL!!! 

 

Der Pass ist übrigens auch nicht auf jeder Karte zu finden und das ist gut so, sonst wären da noch viel mehr Leute gewesen….

 

Ins Tal hinab vor uns dann ein paar Sonntags-Biker mit Sozias – Chopperfahrer. Eigentlich nichts dagegen einzuwenden, Rocco fährt auch eine Chopper, aber der ist wenigsten zügig unterwegs. Überholen ging erst mal nicht, recht viel Verkehr und die Straßen wie gesagt eng und schmal, also Mopeds um die Kehren schieben und durchhalten. Dann eine Lücke und schon waren wir vorbei. Bzzz – war was????

 

Weiter hinauf zum Tre Croci (1810). Wir waren immer mal wieder auf der gut ausgebauten Dolomitenstraße, aber nie lange, Rocco fand auch für diese Strecke schöne kleine Nebenstraßen (wo auch immer…). Schnell noch über den Misurina (1760m) Richtung Dürrensee.

 

Am Dürrensee legten wir dann wieder mal eine kleine Pause ein und aßen dort in einem Gasthaus mit Blick auf den eisblauen See ein super leckeres Schnitzel mit Bratkartoffeln. Dort erzählte uns die Bedienung dann auch, dass in Italien der Fronleichnam auf den Sonntag verschoben wurde – die spinnen doch die Italiener, verschieben einfach mal kurz einen Feiertag!!!

 

Anschließend weiter zum nächsten Tankstopp – nur blöd, dass die Tankstelle abgerissen wurde – also nächste Tankstelle suchen. Mitten durch das verkehrs-reiche und chaotische Toblach 2 Mal im Kreis herum, bis wir dann endlich die von Anke angestrebte Tankstelle fanden – der Sprit € 1,99/Liter !!!! Da sind wir dann fast vom Glauben abgefallen, aber nützt ja alles nix, wir müssen weiter!

 

Hinauf auf den Furkelpass (1760m) – übrigens hatten wir da schon lange aufgehört, die Kurven und Kehren zu zählen – und bei der Abfahrt plötzlich Stau. Da stand doch glatt ein Bus mitten in der Kehre und hat diese blockiert! Neben dem Bus ein paar Leute, die dran rumwerkelten und auf den ersten Blick kein Vorbeikommen. Na super!

 

Also mit den Mopeds vor bis zum ersten Auto und da sah man, dass rechts zwischen Bus und Abgrund ein schmaler Streifen  war (Straße konnte man dazu nicht unbedingt sagen) , an dem wir uns gerade so vorbeidrücken könnten.

 

Rocco also nach kurzem Zögern durch, ich wollte gleich hinterher aber so ne Type meinte, er müsse mich ausbremsen. Ich also voll in die Bremse und fast das Motorrad umgeschmissen (Gefälle und Schräge!!!). Doch im letzten Moment noch abgefangen, Visier beschlagen weil Stress-Situation (passiert mir immer…) und dann ab – dran vorbei. Adrenalinspiegel wieder auf Hochtouren, aber nur ganz kurz. Rocco dachte schon, ich pack´s net  – aber weit gefehlt, hab ich auf der linken Arschbacke gemacht (aua… immer noch wund….).

 

Keine Zeit zum Nachdenken, ist ja alles gut gegangen und so langsam fielen auch  die ersten Regentropfen. Nichts desto trotz wollten wir ja noch auf den Würzjoch (2010 m). Da waren wir dann auch schon ziemlich nass, aber die Regenkombis wollten wir dann doch noch nicht anlegen, immer mal wieder gab es Regenpausen und wir hofften, auch so durchzukommen bis zum Kofeljoch (1880m).

 

Das Tempo war dann auch schon ein bisschen gemäßigter, denn die Straßen waren dann doch recht glitschig.

 

Das Nervigste waren dann nicht so sehr die nassen Straßen oder Klamotten, sondern eher das Visier, das man ständig wieder trockenwischen muss, damit man was sieht. Rocco hatte es mir ja schon angekündigt und ich muss ihm da völlig Recht geben – das ist ätzend.

 

Doch das Schlimmste war dann schon vorbei, wir waren schon am Fluss Eisack entlang Richtung Bozen unterwegs, wo wir dann wieder im Stop & Go durch mussten (da war dann auch wieder Berufsverkehr, wie schon morgens).

 

Bis wir dann etwa 17:00 Uhr wieder in Tisens waren, legten wir ca. 360 km zurück. Die Straßen  und auch die Klamotten waren wieder trockengeföhnt  und es herrschten angenehme 22 Grad.

 

Ab unter die Dusche, Essen gehen. Leider hatte unsere Pizzeria Ruhetag und der andere Gasthof war total überfüllt (war ja dann auch schon 18:30 Uhr). Nur gut, dass der Market im Dorf bis 19:00 Uhr geöffnet hatte, so kauften wir uns dann kurzerhand weng Antipasti und Vino und machten es uns auf der Terrasse gemütlich.

 

Wir ließen den Tag noch mal Revue passieren, planten die Tour für Samstag und hatten einfach einen schönen Abschluss.

 

Mein Hintern war immer noch wund und ich war sehr müde, aber ich schwebte im Biker-Himmel, der Tag war einfach toll!!!

 

 

 

Samstag, 09.06.2012

 

Und wieder einmal waren wir schon vor dem Wecker wach und machten uns nach Instant-Bäh wieder bereit für den Tag und dieses Mal hatte ich gar nicht erst versucht zu frühstücken.

 

Südtirol war angesagt, aber auch die Tour mussten wir sehr kürzen, da für nachmittags Gewitter angesagt waren und wir dann nicht unbedingt oben auf dem Stilfser Joch festhängen wollten… So hatte Rocco eine kleine aber feine Tour zusammengestellt.

 

Die Straßen waren vom Regen in der Nacht noch recht nass und glitschig und teilweise dachten wir schon, mit den Mopeds stimmt was nicht, weil wir schon bei Kleinigkeiten wegrutschten. Nach ein paar Kilometern war aber auch das vorbei und wir fuhren (natürlich über Nebenstrecken) durch schöne Täler und Wälder .

 

Unterwegs konnten wir Nebelschwaden beobachten, die vom Tal aus Richtung Höhen wabbern, das war ein tolles Naturschauspiel! Rocco hat darüber hinaus sogar vergessen, dass wir die Straße nicht für uns alleine haben und mitunter auch Gegenverkehr herrscht….

 

Die Straßen wie immer eng und kurvig, fuhren wir durch malerische Dörfer, wo man durch niedrige Tore reinfährt und über Kopfsteinpflaster schleicht – und wehe, es kommt Gegenverkehr, dann heißt es „anhalten und durchlassen“ oder aber „der Schnellere gewinnt“…                                                                                                           

 

Irgendwann gelangten wir an eine Kreuzung , wo die Durchfahrt für unsere Route wegen Bauarbeiten gesperrt war – doch laut den Schildern durften Fahrzeuge durch, die nicht breiter als 2 m waren (prima), nicht höher als ? (auch gut) und keine Busse, LKW, Autos mit Anhängern oder so waren. Na also, dann können wir ja durch.

 

Die Straße war relativ neu und wir hatten kaum Verkehr. Unterwegs wieder ein paar schnuckelige Dörfer und so fuhren wir noch sicherlich eine halbe Stunde weiter.

 


In einem dieser Dörfer legten wir dann kurzerhand an einer Kaffeebar unmittelbar neben der Straße eine Pause ein und frühstückten (Cappuccino und ein mit irgendwas gefülltes Hörnchen).

 

Weiter ging´s auf dieser wenig befahrenen aber sehr gut ausgebauten Straße mit so gut wie keinem Gegenverkehr.

 

Nach einer weiteren halben Stunde war die Straße dann plötzlich komplett gesperrt. Da standen wir dann also, auf dieser schönen neuen Straße und konnten nicht weiter. Zurück bis zur nächsten Abzweigung sicherlich 30 km, also was nun? Navi sagt, hier geht´s durch, aber is` nicht.

 

Rocco schaute dann zufällig nach links oben und sah dann so etwas wie einen Schotterparkplatz – und dort stand eine Baustellenampel!

 

Wir also da hoch, mal sehn was da ist. Und tatsächlich standen da schon 2 PKW vor der Ampel. Darunter ein Schild, dass die Durchfahrt für Fahrzeuge (nicht breiter als 2 Meter, nicht höher als ?, kein Bus, kein LKW, blablabla) alle 45 Minuten für 15 Minuten möglich ist. Na also, nur noch ein paar Minuten bis zur Durchfahrt.

 

Dann hab ich mir die „Umleitung“ noch mal genauer angesehen und mir ist das Herz in die Hose gerutscht. Das war keine Straße, das war ein Wald-Erlebnispfad!!!

 

Ein Waldweg, der mit Schotter notdürftig für Fahrzeuge befahrbar gemacht wurde, mit tiefen Fahrrinnen links und rechts!

 

Ok, alles Jammern nützt nix, das ist eine Prüfung für meine Fahrkünste und die BMW . „Dafür ist die schließlich gebaut worden“ lachte Rocco mich aus. Als die Ampel dann umschaltete, waren wir froh, dass wir uns vor die Autos gedrängt hatten, denn was dann kam, war Abenteuer pur!

 

Wie gesagt, Schotter, Fahrrinnen links und rechts, tiefe Löcher mit Wasser gefüllt, Wurzeln – eben ein toller Wanderweg – zu Fuß!!! Links der Waldhang und rechts der Abgrund, begrenzt durch ein Netz (!!!!). Da verging auch mal Rocco kurz das Lachen, hahaha.

 

Gefühlte 2 Stunden später waren wir dann durch und was soll ich sagen – es ging tatsächlich. Ich bekam meine linke Hand dann erst mal nicht mehr auseinander (krampfhaftes Anziehen und Kommen-Lassen der Kupplung), denn mehr als erster Gang mit leicht angezogener Kupplung war nicht drin. Und dann – da standen auf der anderen Seite doch tatsächlich Autos, die da durchwollten – die spinnen die Italiener, ehrlich wahr! Und jetzt wurde mir auch klar, warum wir so gut wie keinen Gegenverkehr hatten…

 

Ein paar Dörfer weiter überfuhr ich auch noch fast einen Hund, der plötzlich von links auf die Straße wollte. Ich weiß nur nicht, wer mehr erschrocken ist, das Vieh oder ich. Rocco würde schwören, es war der Hund, denn der machte wohl einen riesigen Satz nach hinten, als ich vorbeifuhr…und mein Mann hat sich eins in den Helm gelacht…hahaha

 

Wir fuhren über den San Lugano (1100m), aber ob das vor dem Erlebnis-Pfad oder danach war, kann ich nicht mehr sagen. Auf jeden Fall fuhren wir an der Südtiroler Weinstraße entlang in Richtung Kaltern. Am Kalterer See legten  wir eine kleine Pause für Eis und Cappuccino ein, bevor wir dann über den Mendelpass (1360m), den Brezer Joch (1410m) in Richtung Gampenjoch fuhren.

 

Vor dem Gampenjoch machte ich dann aber schlapp – ich konnte einfach nicht mehr, mein Hintern tat weh, das Kreuz und die Hände auch und überhaupt hatte ich einen tiefen Durchhänger – und das 20 km vor Tisens!

 

Auf dem Gampenjoch (1520m) mussten wir dann nochmals pausieren. Dort gab es aber lecker Apfelkuchen und Kaffee (ein Biker dort zur Bedienung: „Bitte 1 Cappuccino“ , ein anderer darauf„ Iiee aa!“ GRÖHL, was für Esel !!!).

 

Der Himmel war schon wieder wolkenverhangen und Regen kündigte sich an, so dass wir (so gut es eben ging mit meinem Durchhänger) zügig nach Tisens runter fuhren. Unterwegs war ein anderes Motorrad wohl zu zügig unterwegs, das wurde eben von Polizei und Abschleppwagen aufgeladen… da kommt man dann kurz mal ins Grübeln…

 

Um ca 14:00 Uhr waren wir dann wieder an der Ferienwohnung – nach 280 km. Nachdem wir die Mopeds abstellten, fing es schon an, von allen Seiten zu blitzen und zu donnern – das war berechnet!

 

So müde wir auch waren, schlafen konnten wir allerdings nicht. Also haben wir geduscht, ein bisschen ausgeruht und fern gesehen.

 

Später gingen wir erst mal zu Claudia, um unsere Rechnung zu bezahlen und ein bisschen zu plaudern.

 

In der Zwischenzeit hörte es auch auf zu regnen und es war angenehm warm. Zum Abendessen war es noch zu früh, also machten wir einen Spaziergang zu St.Christoph (eine kleine Kirche mit Blick in das Etsch-Tal Richtung Meran).

 

Da unsere Lieblingspizzeria wieder geöffnet hatte, war es auch keine Frage, wohin wir zum Essen gehen. Tomaten-Mozzarella-Salat und leckere Pasta.

 

Nach einem Espresso zum Nachtisch ging es träge zurück in die Ferienwohnung und ans Packen für den nächsten Morgen – da heißt es dann Rückfahrt (die wir dann übrigens auch gekürzt hatten, über die Schweiz statt Österreich).

 

Sonntag, 10.06.2012

 

Wir hatten vor, so früh wie möglich loszufahren. Also 6 Uhr Aufstehen, Kaffee trinken, Gepäck festzurren und dann um 7:00 Uhr los – so sah es zumindest der Plan vor. Nachdem es in der Nacht recht heftig geregnet hatte, war alles ziemlich nass. Der Himmel grau und die nächsten Berge hat man kaum gesehen. Also nochmal alles durchgehen, neu packen, damit wir ggf. Ersatzklamotten gleich griffbereit haben. Kombis anziehen oder nicht? Ne, scheint gut zu gehen, hat ja in der Nacht schon ausreichend geregnet, wird wohl das Schlimmste rum sein. Daher Gepäck festzurren, Navi bereit machen und los geht´s.

 

Schon beim Aufsteigen und Moped starten fielen die ersten Regentropfen – naja, wird schon werden, keine Panik. An der ersten Tankstelle im nächsten Ort noch volltanken und dann ab nach Hause – dachten wir…

 

Unterwegs zur Tanke schon Blitz und Donner und recht heftige Regengüsse. An der Tankstelle angekommen, hat die zu (es war schon fast 8:00 Uhr!!!) Tankomat zwar vorhanden, Karte nehmen sie aber nicht und Bargeld hatten wir nix klein. OK, zumindest hatten wir nun Gelegenheit, die Regenkombis anzuziehen, was auch bitter nötig war, denn es hat aus allen Wolken geschüttet!

 

Nächste Tankstelle also in Meran, Handschuhe schon fast durchgeweicht, immer wieder Blitz und Donner – Tankstelle hat zu, Tankomat nimmt keine Karten, also sch… drauf, Geld rein und mal sehn, was passiert. Wir tankten dann beide Mopeds randvoll und es passte gerade so, dass die nicht einen Cent bekamen, ätsch.

 

Bei so einem Wetter sollte man eigentlich gar nicht unterwegs sein und wirklich viel Verkehr war auch nicht. Teilweise waren wir recht einsam auf den Straßen bei strömendem Regen unterwegs. Wir mussten durch das Vinschgau bis Schluderns und dann Richtung Schweiz und Ofenpass. Von weitem sahen wir schon die höher gelegenen Berge weiss schimmern und fragten uns noch, ob das da frischer Schnee da oben ist? Ach was, so weit hoch müssen wir ja gar nicht.

 

Irgendwann war dann mal kurz eine Regenpause und die habe ich dann für eine Pinkelpause an einer (natürlich geschlossenen…) Tankstelle genutzt.

 

Also, mit Regenkombi irgendwo in der Pampa mal kurz pinkeln ist für eine Frau außerordentlich umständlich…aber wo ein Wille (oder eine volle Blase), da ist auch ein Weg (und viel, viel Geschicklichkeit).

 

Da waren wir auch noch wirklich gut drauf.

 

Bei Schluderns sind wir dann ins Tal Richtung Schweiz abgebogen und Ruck-Zuck waren wir auch schon bei den Eidgenossen. Aber kaum drüben, wurde es immer kälter und nasser und schon waren wir wieder im schönsten Seich unterwegs

 

Mittlerweile waren die Handschuhe dann wirklich durchgeweicht und mir fiel ein, dass ich ja Griffheizung habe – also schnell angemacht und dann war es ein wenig angenehmer.

 

Aber je weiter wir nach oben fuhren Richtung Ofenpass, desto nasser und kälter wurde es. Nebelschwaden kamen so langsam dazu – ach nein, das war ja mein Visier, das ständig beschlagen hat – von innen! Nein, noch war das kein Stress, sondern die niedrigen Temperaturen…

 

Wir waren noch nicht mal zur Hälfte auf dem Pass, da fiel mein Blick auf die Temperaturanzeige: 2°C – blink blink, 1,5°C – blink blink ; 1°C – blink blink. Langsam aber sicher setzte bei mir Unbehagen ein… – Aus dem Regen wurde Schneeregen. 0,5°C – blink blink – Aus dem Schneeregen wurden Schneeflocken. Die Sicht total übel, die Straße nass und wir wurden immer langsamer und sind die Kehren auf diesen eigentlich recht schönen Pass fast im Schritttempo hochgekrochen. Zitternd und frierend ging es weiter – 0°C – blink blink.

 

Ok, nun setzte bei mir fast schon so was wie Panik ein. Wenn jetzt auch noch die Straße gefroren ist oder Schnee liegt, dann ist´s rum. Und ich fragte mich noch, warum uns bisher noch niemand entgegen gekommen ist…

 

Endlich sind wir auf dem Ofenpass (2150m)  angekommen und haben erstmal angehalten. Schneetreiben, eisiger Wind und die Sicht gleich null. Na klasse! Soooo extrem hatte ich mir das dann doch nicht vorgestellt. Theoretisch darüber zu reden ist eine Sache. Aber so was am eigenen Leib zu erfahren – da liegen Welten dazwischen!!!

 

Rocco machte noch schnell ein paar Fotos (sonst glaubt uns das eh keiner) und ich hab mich warmgeklopft. Wir überlegten kurz, ob wir uns in der Wirtschaft (da war dann tatsächlich jemand da) aufwärmen sollen, haben dies dann aber ganz schnell wieder verworfen, denn das Wetter wurde immer schlechter und hier oben stecken bleiben wollten wir dann doch nicht…

 

Also wieder rauf auf die Motorräder und ran an den Abstieg.

 

Schnee fiel, Visier beschlug von außen und innen, hinzu kam, dass meine Brille auch beschlug. Teilweise sahen wir gar nichts!

 

Visier hoch – nee doch lieber runter – Brille runter – ach nein doch lieber hoch – sch.. ich seh´ nix, oh Mann –  Visier auf – Schal bis über die Nase – Schnee in den Helm rein –   Fingerspitzen werden taub – in den Schuhen bildet sich ein See – Visier wieder runter – null Sicht – Brille beschlägt wieder – Visier wieder auf oder halb zu oder lieber doch anders…..

 

So ging das gefühlte Stunden lang. In diesem Fall war es gut, dass uns keiner entgegenkam und wir ganz allein auf dieser Sch…Piste unterwegs waren.

 

Plötzlich ging es wieder bergauf und ich dachte nur „O nein, bitte nicht, das halt ich nicht aus, nicht nochmal einen Pass, Rocco ich will nach Hause, ich will von diesem verfluchten Berg runter!!!“  – wir überquerten da übrigens eben den Ovaspin (1890m) aber das hatte ich überhaupt nicht registriert, ich wollte nur runter!

 

Als mir dann auch noch schwindlig wurde, merkte ich dann, dass ich total verkrampft war und hyperventilierte. Ich musste mich erstmal selbst beruhigen und wieder normal atmen, damit ich hier durchkomme. Leichter gesagt als getan! Irgendwie hab ich´s dann in den Griff bekommen (oder mich einfach in mein Schicksal ergeben?) und in den Helm reingeflucht (hilft übrigens immer!!!).

 

Und dann – endlich – waren wir unten! Total durchgefroren, die Schuhe voller Wasser, zitternd und frierend, aber vor allem heil und am Stück!!! Und ich dachte, wir kommen da gar nicht mehr runter – HIU , das war…….hey……. eigentlich ECHT COOL !!!

 

Ursprünglich wollten wir noch den Flüela-Pass mitnehmen, aber Rocco hatte morgens vor der Abfahrt beschlossen, dass wir doch lieber durch den Vereinatunnel fahren. Gute Entscheidung, Rocco !  Der Tunnel erwies sich als Auto-Verladetunnel, d.h. die Fahrzeuge werden auf einen Zug verladen und dieser fährt dann die ca 20 km durch den Tunnel.  Was haben wir uns gefreut!!!

 

Vor der Abfahrt des Zuges hatten wir noch ein bisschen Zeit, also Mopeds abstellen und durchatmen und gefühlsmäßig wieder auf Normal-Null kommen. Rocco zog dann erstmal seine Schuhe aus und leerte sicherlich ´nen halben Liter Wasser aus, um anschließend die Socken (am Fuß) auszuwringen. Ein Pärchen im Auto neben uns bekam beim Zusehen riesige Augen, haha. Der Mann stieg dann aus und bot Rocco sogar trockene Socken an…echt klasse!

 

Vor uns standen zwei andere Biker, die wohl schon Erfahrung mit diesem Zug hatten – denen machten wir dann alles nach und so landeten wir in einem geschlossenen Waggon.

 


 

Darin waren dann 4 Motorräder und deren Fahrer und dann war`s auch schon voll.

 

Hach, war das schön, wir konnten uns aufwärmen und ein bisschen ausruhen und legten doch einen Teil der Strecke zurück – perfekt.

 

Nach 20 Minuten waren wir durch den Tunnel durch und dann ging es auch schon auf der Straße weiter. Immer mal wieder ein paar Regentropfen und die Temperaturen immer noch im einstelligen Bereich, aber das machte uns schon gar nichts mehr aus.

 

Ein paar Kilometer weiter dann wieder Tankstopp. Ein Kaffee zum Aufwärmen und Traubenzucker, ein kurzes Telefonat an die Kinder, dass wir wohl etwas später kommen, denn es war bereits nach 11:00 Uhr und wir hatten gerademal 130 km geschafft!

 

Ein Schweizer an der Tanke sprach mich an: 

 

„Isch´s net z chalt uff`m Töff?“  – Hä, wie bitte?

 

Er nochmal: „Isch´s net z chalt uff`m Töff?“   

 

Oh, jetzt versteh ich´s : „Ist es nicht zu kalt auf dem Motorrad?“ 

 

Oh, doch, Mann, „S´isch arsch-chalt uff´m Töff!“    (Blöde Sprache!!!)

 

Erstaunlicherweise ging es dann aber doch recht zügig voran.

 

Über den St.Luzisteig (710m) ging es dann kurz nach Liechtenstein rein. Durch ein Tor durch, über einen größeren Platz gefahren und durch ein weiteres Tor wieder hinaus und das war´s mit Liechtenstein, haha.

 

Selbstverständlich fuhren  wir auch dieses mal weder Autobahn noch Haupstraßen, sondern wie immer über Nebenstraßen durch die Schweiz. Da wir aber immer noch nasse Füße und durchgeweichte Handschuhe hatten, registrierten wir von der Gegend an sich nicht wirklich viel.

 

Aber die Blitze-Flitze – die hab ich mitgekriegt! So ´ne riesige Blitzanlage habe ich noch die gesehen, ehrlich. Nur merkwürdig, dass die nur mich erwischte und Rocco, der ja vor mir fuhr und meine Richtgeschwindigkeit ist, den hat´s nicht erwischt!  Also ist er auch schuld dran, oder? Oh Mann, mal sehn, was da noch auf mich zukommt…

 

Aber alles Heulen und Fluchen nutzte nichts, ab jetzt hieß es: ordentlich fahren! Obwohl wir bisher nun wirklich nicht unbedingt schnell unterwegs waren.

 

Durch Wattwil und Wil kamen wir dann nach Bütschwil und dort war dann unser letzter Tankstopp vor dem Ziel (nur noch 120 km bis nach Hause, juhuuu).

 

Mittlerweile war es schon 13:30 Uhr und wir hatten ein kleines Hüngerchen, also verbanden wir das Tanken mit dem Vorräte aufessen. Die Wolkendecke riss dann auch so langsam auf, die Temperaturen waren schon im zweistelligen Bereich und hier und da zeigte sich die Sonne. Regenkombis aber dann doch lieber anlassen, wer weiß, was noch kommt.

 

Also, auf zum Endspurt!

 

Rauf auf die Mopeds! Die Prinzessin sprang an und die Trude – „RRRR“ – nix! Nochmal: „RRRR“ – nix. Na ganz toll! Das kann jetzt echt nicht wahr sein, oder? Nochmal:   „RRRR“ – nix. OK, kein Problem, keine Panik – kurz Anschieben, dann geht das. Schieb, klack und – nix, nicht mal mehr ein „RRRR“ Da war dann klar – Batterie leer.

 

Aber kein Problem für Rocco, er hatte ja an alles gedacht, das überbrücken wir dann mal schnell über die BMW…

 

Also Batterie an der BMW freilegen, Kabel dranfummeln, mit der Trude verbinden und schon  – nix! (abgesehen von meinen verbrannten Fingerkuppen…)

 

Tja Rocco, das war dann wohl das falsche Kabel.

 

Was nun? Als langjährige Fahrer sind wir natürlich auch Mitglieder beim ADAC, also ran ans Handy, Pannenhilfe anfordern und warten.

 

Diesen Ort haben wir dann übrigens in „Bitch-Ville“ umgetauft…

 

Wir vertrieben uns die Zeit, indem wir die letzten Tage und Stunden nochmal Revue passieren ließen und uns auch ein paar Notizen machten, um auch ja nichts zu vergessen – denn spätestens da stand fest, dass ich einen Reisebericht schreiben werde. Die Regenkombis hatten wir immer noch an und es wurde immer wärmer.

 

Doch bis wir uns entschlossen hatten,  die Kombis auszuziehen, kam auch schon die Pannenhilfe.      

 

Das Motorrad wurde überbrückt, die Lichtmaschine nochmal diagnostiziert und dann konnten wir  weiterfahren.

 

Natürlich mit der Mahnung des netten jungen Mannes, den Motor der Trude lieber nicht mehr auszuschalten, bis wir zu Hause sind.

 

Und das haben wir auch nicht!

 

Da, endlich Schaffhausen. Kurze Zeit später Bargen und dann Donaueschingen. Und dann endlich –  ja, Villingen – unsere Straße – unser Haus !

 

YES, nach ca. 360 km sind wir heil und gesund, müde aber total zufrieden zu Hause angekommen!!!

 

 

 

Epilog

 

Diese Alpentour mit Rocco war ein absolutes Highlight!

 

Wir erklommen 23 Pässe und legten eine Strecke von rund  1.500 km zurück. Wir waren durchschnittlich 54 km/h „schnell“ unterwegs und die BMW hatte einen Durchschnittsverbrauch von ca. 3,5 Litern.

 

Ich habe jede einzelne Minute genossen, auch wenn es manchmal sehr mühselig war. Vor allem aber war es spannend, denn wir wussten nie, was uns die nächste Kurve, der nächste Pass und schon gar nicht der nächste Tag bringt.

 

Die schöne Gegend, die tollen Ausblicke, der Spaß beim Fahren – aber auch der wunde Hintern, die bangen Momente beim Walderlebnis-Pfad oder die Panik auf dem Ofenpass,  sowie die anderen kleinen Begebenheiten– all das trug dazu bei, dass diese Tour unvergesslich bleibt.

 

Rocco hatte ja die Route schon Monate im Voraus geplant und einiges davon mussten wir kurzfristig streichen, so z.B. Timmelsjoch (2474m) Jaufenpass (2099m) aber auch Stilfser Joch (2758m) und Gavia (….m). Für ihn tat es mir leid, aber er sagt selbst: diese Pässe sind ein anderes Mal für uns da – danke Rocco!

 

Ja, sicherlich wird es ein anderes Mal geben und dann werden wir andere Erlebnisse miteinander teilen und wieder eine Geschichte zu erzählen haben.

 

Übrigens fährt man normalerweise mit 46 km/h im Durchschnitt eine solche Alpentour – wir waren mit unseren 54 km/h durchschnittlich also recht flott unterwegs !!!

 

Ich danke Rocco, dass er so viel Geduld mit mir hatte, vor allem bei meinen vielen Pinkelpausen J

 

Ich bin echt stolz auf mich selbst, dass ich das geschafft habe!!!

 

Tanja Contino / Juni 2012

 

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